Mega-Bahnhöfe in China

Es gibt ein Buch von Bernd Kuhlmann, welches die Planung der Nationalsozialisten für die Eisenbahn in Berlin in der 1930er Jahren dokumentiert. Es trägt den Titel "Eisenbahn-Größenwahn in Berlin". Enthalten ist unter anderem ein Gleisplan des geplanten Südbahnhofs. Unzählige Bahnsteige und Gleise sind zu erkennen. Zum Erscheinungszeitpunkt des Buchs in den 90er Jahren kam einem diese Planung tatsächlich größenwahnsinnig vor.

 

Wenn man das Buch jetzt wieder einmal in die Hand nimmt und man schon einmal Satellitenbilder chinesischer Hochgeschwindigkeitsbahnhöfe gesehen hat, dann kann man sagen: "Das kommt mir doch bekannt vor!". Denn inzwischen sehen die Bahnhöfe in fast allen chinesischen Millionenstädten so aus, wie einmal der Berliner Südbahnhof geplant war.

 

Dutzende Bahnsteige und doppelt so viel Gleise sorgen dafür, dass die im 5-Minuten-Takt fahrenden CRH-Züge auch ein freies Gleis in den Metropolbahnhöfen Chinas vorfinden. In der Anfangsphase wirkte das alles übertrieben, aber inzwischen kann man sagen, dass die hohe Zahl der Bahnsteiggleise gerechtfertigt ist. Neben den Bahnsteigen gehört immer auch ein repräsentatives - oder besser gesagt pompöses - Bahnhofsgebäude dazu. Und davor befindet sich - auch das ist überall gleich - ein großer Platz, der durch die Sichtachse eine perfekte Inszenierung des Gebäudes ist. Zur Erreichbarkeit kommen dann noch breite Straßen hinzu, bei denen man meinen könnte, die Spuranzahl möchte mit der Gleisanzahl mithalten.

Die Bahnhöfe mit den meisten Zugfahrten

Wenn man sich die Anzahl der täglich ankommenden und abfahrenden Hochgeschwindigkeitszüge (G, D und C) ansieht, kann man verstehen, warum die Bahnhöfe mit so vielen Bahnsteigen dimensioniert sind.

Die Zahlen sind kontinuierlich gestiegen. Guangzhou South hat (Anfang) 2020 die 1000er-Marke an Zügen pro Tag überschritten. 2021 ist der Anstieg gestoppt. Da eine andere Datenquelle genutzt wird, ist allerdings leider nicht klar, ob dies eine Auswirkung der Corona-Pandemie oder nur ein statistisches Problem ist.

Shanghai

Der wichtigste Bahnhof von Shanghai liegt direkt neben dem Inlandsflughafen Hongqiao. Auf 30 Bahnsteiggleisen fahren täglich 700 Züge, von denen 600 ihren Start- oder Zielpunkt hier haben. Die optische Trennung in zwei Gleislinsen spiegelt mehr oder weniger wider, dass es zwei Schnellfahrstrecken nach Nanjing gibt - einmal die "Intercity"-Strecke durch die Stadtzentren der Millionenstädte auf dem Weg dorthin und dann die Schnellfahrstrecke nach Beijing. (Bild2019)

Der Südbahnhof von Shanghai sieht so aus, als wäre er auch für eine große Zukunft im Hochgeschwindigkeitsverkehr umgebaut worden. Allerdings halten hier hauptsächlich die klassischen Langstreckenzüge (120 Stück pro Tag). Nur wenige CRH-Züge verirren sich hierher. Dafür fährt hier die Metro-Linie 3 (rechts neben dem Kreisdach) oberirdisch vorbei, unter anderem direkt zum alten Shanghaier Hauptbahnhof. (Bild 2019)

Guangzhou South

Guangzhou South ist die Nummer 1 der chinesischen HGV-Bahnhöfe. 2019 wurde an der 28-gleisigen Station die Schwelle von 1000 Zugfahrten pro Tag überschritten. 850 Züge starten oder enden hier. Die rechte größere Gleislinse gehört zur Strecke Beijing - Wuhan - Guangzhou und setzt sich nach Shenzhen und Hongkong fort. Die linke Gleislinse dient für die Strecken nach Westen (Guiyang, Nanning) und Süden an die Küste. Beide Strecken können im Bahnhofsvorfeld kreuzungsfrei gewechselt werden. Ebenso befinden sich nördlich und südlich teilweise kilometerweit entfernt große Abstellbahnhöfe und Werkstätten. (Bild 2019)

Beijing

Der Südbahnhof von Peking ist der wichtigste und modernste der Hauptstadt. An seiner futuristischen Architektur erkennt man sein junges Alter und die Zweckbestimmung für den Hochgeschwindigkeitsverkehr. Auf den 26 Bahnsteiggleisen fahren pro Tag 530 HGV-Züge, von denen alle ihr Start oder Ziel hier haben. Hinzu kommen noch 160 klassische Züge, die auf der linken Seite halten.

Der Westbahnhof von Peking entstand als Neubau noch vor der Zeit der Hochgeschwindigkeitszüge. Inzwischen dienen die 18 Gleise auch den schnellen Zügen Richtung Süden nach Wuhan, Guangzhou und Hongkong. Pro Tag beginnen und enden hier 280 CRH-Züge sowie 150 konventionelle Züge. Das Empfangsgebäude besticht durch eine besonders herausragende Architektur mit traditionellen Elementen.

Nanjing South

Der neue Südbahnhof von Nanjing besteht aus drei Gleislinsen mit 30 Bahnsteiggleisen. Gen Osten führen zwei Strecken nach Shanghai - eine durch die Zentren der Millionenstädte, die andere um sie herum. Die dritte Strecke ist die Shanghai-Umfahrung nach Hangzhou. Auf der westlichen Seite führen zwei Strecken über den Jangtse-Fluss in Richtung der "nördlichen Hauptstadt" Beijing sowie weiter in den Westen Chinas nach Hefei, Wuhan und Sichuan. Die dritte Strecke bleibt südlich des Flusses und endet derzeit in Anqing. Auch die Ausfädelung zu den Abstellgleisen und zu den Werkstätten liegt westlich des Bahnhofs (nicht im Bild) und ist natürlich kreuzungsfrei ausgestaltet. (Bild 2/8/2018)

Xian North

Dieser Bahnhof ist der größte. Mit seinen 34 Bahnsteiggleisen übertrumpft Xian North alle anderen Stationen.

Wuhan

Verglichen mit den anderen Stationen nimmt sich der Bahnhof von Wuhan mit seinen 20 Gleisen verhältnismäßig klein aus. Wettgemacht wird dies aber zweifelsohne durch das eindrucksvolle geschwungene Dach. Zwei Strecken führen durch den Bahnhof hindurch. Die wohl wichtigste Nord-Süd-Strecke von Beijing zum Perlflussdelta. Außerdem "kreuzt" die Jangste-parallele Strecke nach Sichuan, die über den Hankou-Bahnhof führt. Im Süden zweigt sie Richtung Nanchang ab. Die Abstellanlage südlich des Bahnhofs hat 58 Gleise nebeneinander. (Bild 4/17/2019)

Changsha South

Chengdu East

Chongqing

Beim Bahnhof Chongqing North kann man sehen, dass auch in China nicht alles von Anfang an konsequent durchgeplant ist. Der Bahnhof wurde als Alternative für den Kopfbahnhof Chongqing, der sich auf der Halbinsel zwischen den Flüssen Jangste und Jialing Jiang befindet. Dieser besaß kaum Entwicklungsmöglichkeiten und weist in Richtung Westen, was aus Sichuan-, aber nicht aus der gesamtchinesischen Perspektive günstig ist. Der Bahnhofsteil mit dem blauen Dach ist etwas älter, aber schon als Durchgangsbahnhof mit Anschlussmöglichkeit nach Osten gebaut. Mit dem Anschluss an das chinesische Hochgeschwindigkeitsnetz wurde später eine größere Kapazität notwendig, so dass der Bahnhof nach Norden erweitert wurde. (Bild 8/27/2018)

Der Bahnhof Chongqing West ergänzt den Nordbahnhof. Vor allem Züge von Süden (Guiyang, Guangzhou) steuern diesen Bahnhof an. Wie man sieht, ist das Gebäude für noch mehr Gleise vorbereitet als initial gebaut wurden. Die Züge der Schnellfahrstrecke zur Sichuan-Hauptstadt Chengdu nutzen teilweise noch einen dritten Endbahnhof, der im Geschäftsviertel Shapingba liegt und von dem wegen Überbauung aus der Luft nicht viel zu sehen ist. (Bild 4/26/2019)

Dalian North

Foshan West

Guiyang North

Hangzhou East

Hefei South

Kunming South

Lanzhou West

Nanning East

Shenyang South

Shenzhen North

Shijiazhuang

Tianjin West

Zhengzhou East